Althütte - Ich
fühle mich hier wie zu Hause, bemerkte die aus Calgary stammende Nandine
Baker. Baker, eine Globetrotterin in Sachen Musik, assoziierte das außergewöhnliche
Ambiente des Sechselberger Holzkirchleins sofort mit ihrer kanadischen
Heimat. Man kann den Veranstaltern vom Kunstspektrum Althütte zu so
einer einzigartigen Lokation nur gratulieren. Altes, dunkles Holz, eine
gemütliche Enge, warmes Kerzenlicht, während draußen ein
kalter, nasser Januar-wind an kahlen Ästen zerrte -es war so richtig
heimelig.
Von
unserem Mitarbeiter
Baker und der Gitarrist Jeoma Flores,
der an den Konservatorien von Leipzig und Halle studierte und dann seine
virtuose Reife im Mutterland des Flamencos in Spanien erlangt hat, luden
die Zuhörer auf eine musikalische Reise durch Epochen, Länder
und Stilrichtungen ein. Im Zusammenspiel von Gitarre und Querflöte
erzeugten sie pittoreske Klanglandschaften. Melancholische Melodien, verziert
durch zarte- Flageoletts und gefühlvoll modellierte Tonfragmente,
gefolgt von wahren Orgien in Moll, an Dramatik fast nicht zu überbieten,
wechsel- ten sich mit filigranen Eigenkompositionen ab, um dann mühelos
die Brücke zwischen seidigem, brasilianischem Samba und europäischer
Klassik zu schlagen. Wie in einer Zeitmaschine katapultieren die beiden
Künstler das |
![]() Von brasilianischem Samba bis zur europäischen Klassik: Nandine Baker und Jeoma Flores boten in Sechselberg ein abwechslungsreiches Programm. Foto: A.Wahlfont Publikum durch die Musikgeschichte. Dem
zeitgenössischen Stück "Samba en Preludio", des 1999 verstorbenen
Gitarristen Baden Powell, folgte ein spanischer Tanz aus dem 16. Jahrhundert
mit fließenden Läufen, zum Teil parallel und mehrstimmig, um
dann in wilden Verfolgungsjagden wechselnder Soli zu enden. Solche
Passagen harmonisch und leicht erklingen zu lassen, erforderte die ganze
Klasse eines eingespielten Teams. Mitten aus der spanischen Renaissance
führte die Reise direkt in das puritanisch geprägte Deutschland
um das Jahr 1725. Der Kontrast zwischen südländischer Lebensart
und dem sakralen Ernst der Musik eines Johann Sebastian Bach könnte
wohl frappierender nicht sein. Ein sehr langsam interpretiertes Menuett,
in einer Bearbeitung von Flores und Baker, eröffnete die Sequenzen
aus dem "Notenbuch für Anna Magdalena", welches Bach seiner zweiten
Frau und Mutter von 13 Kindern gewidmet hatte. Dieser Spagat zwischen den
musikalischen Weltanschauungen gelang den beiden Künstlern außergewöhnlich
gut. Es scheint so, als ob sie eine diebische Freude daran haben, aufdiktierte
Regeln und Grenzen zu ignorieren. Hinsichtlich der Abwechslung und Kreativität
ist dies eine nbsp;mutige, lobenswerte Eigenschaft. Obwohl man sich denken
kann, dass der 'Pragmatiker Bach nicht gerade Beifall gespendet hätte,
als nach seinem "Schaff's mit Gott" ein Song aus dem Hollywood-Film "Deer
Hunter" mit Ropert DeNiro erklang. |
Das Spektrum wurde
noch vielschichtiger. Locker und ungezwungen, immer zu einem Späßchen
bereit, präsentierten Baker und Flores die ganze Palette ihres Könnens.
Einer Eigenkomposition von Flores folgte ein langsamer Tanz von Faure,
dann ein feuriger Flamenco aus dem nordspanischen Aragon.
Und die Musiker hatten noch ein Ass im
Ärmel. Als stimmiges Highlight und sozusagen Endpunkt der Reise intonier-
ten sie Auszüge aus dem weltbekannten "Concerto de Aranjuez" von Joaquin
Rodrigo, dem unbestrittenen Meister der spanischen Musik. Den im Original
von einer Gitarre gespielten Solopart über- nahm Bakers Querflöte,
während Flores die Ehre zuteil wurde, ein ganzes Orchester zu ersetzen.
Der bereits im Kindesalter erblindete Joaquin Rodrigo schrieb 1939, geprägt
von den Wirren des spanischen Bürgerkrieges, dieses Concerto und erschuf
ein Werk, das wohl wie kaum ein anderes die iberische Mentalität charakterisiert.
Baker und Flores gelang es, dieses Flair aus Melancholie und Stolz zu beschwören.
Die hervorragenden Musiker Nandine Baker und Jeoma Flores bewiesen, dass
es sehr wohl möglich ist, verschiedenste Stile und Rhythmen zu einem
harmonischen Ganzen zusammenzufügen, so lange die Melodie als wichtigste
Konstante im Mittelpunkt bleibt. |