Von unserer Mitarbeiterin RENATE SCHWEIZER
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Rasend schnelle Hände: Das Gitarrenduo Jeoma Flores und Dieter Voral begeisterte im Backnanger Bürgerhaus. Foto: A. Heinemann
Backnang - "Eine Frau - zwei Männer - zwei Messer: Im Grunde dreht es sich beim Flamenco immer um dasselbe ... " Jeoma Flores grinst im Fritz-Schweizer-Saal des Bürgerhauses ins Publikum und streichelt seine Gitarre. Eigentlich sollte und wollte er heute gar nicht spielen - zu viel geübt, die überbeanspruchte Hand tut weh.
Aber schließlich sind wir hier in Backnang, wo einmal getroffene Abmachungen als bindend gelten, und nicht irgendwo in Andalusien, wo morgen auch noch ein Tag wäre, notfalls übermorgen, nächste Woche oder nie... - kurzum, da sitzt er, wie mit. der VHS und den Eine-Welt-Leuten besprochen" zum Flamenco-Konzert mit Erläuterungen über die Geschichte dieses spanischen Tanzes. Reden. und erzählen. kann er ja schließlich, und für den sehnenscheidenzerfetzenden spielpraktischen Teil des Abends hat er einen Freund mitgebracht, Dieter Voral, der - trotz seines doch eher biederen deutschen Vornamens - ein virtuoser Profi der Flamenco-Gitarre ist und in Urbach eine Musikschule mit dem schönen Namen " Lät's Fätz" betreibt.
Flamenco ist alt. Er ist entstanden unter der heißen Sonne Andalusiens, wo die Kulturen der arabischen Mauren, der Zigeuner, der Juden und der christlichen Spanier munter und relativ tolerant nebeneinander existierten und eine gemeinsame, überaus sinnliche Kunstrichtung hervorbrachten: den Flamenco. Es kamen dann mit der Vertreibung der Mauren einige hundert Jahre der kulturellen Dürre, den heißen Tanz zwar in den Untergrund drängen, nicht aber aus den Köpfen Herzen der Menschen verbannen konnten: Mit dem erzwungenen Rückzug von Kirche und Inquisition aus dem kulturellen Leben tauchte er wieder auf als die Musik der Armen in einer unbarmherzig feudalen Gesellschaft.
"Historisch gesehen kam der Flamenco-Sänger zuerst und begleitet wurde er nur von klatschenden Händen" erzählt der Gitarrist, und die beiden machen vor, wovon da die Rede ist: vier klatschende Hände, sonst nichts - und schon ist Musik im Raum, Rhythmus, Leben. Dann noch ein lang gezogener, klagender Ruf darüber: Flamenco. "Als nächstes kam der Tanz da- zu und erst ganz zum Schluß die Gitarren. Darunter", er zuckt mit den Achseln " leiden wir bis heute. Immer müssen wir Gitarristen uns nach den Tänzerinnen richten, irgendwie spüren, was die in der nächsten Sekunde zu tun gedenken. Und wehe, einer blickt es nicht: Tänzerinnen können so fürchterlich launisch sein!"
Da lacht das Publikum, und schließlich, vielleicht weil weit und breit keine kapriziöse Tänzerin zu sehen ist, greift er doch selbst noch in die Saiten, Zu zweit spielen sie jetzt, ohne Noten, rasend schnell und stellen sich nur mit Blickkontakt millisekundengenau aufeinander ein - schon vom Zugucken tun einem da die Handgelenke weh - und viel, viel zu schnell für die hin- gerissenen Zuhörer ist der Abend auch schon vorbei.
Wer Gitarre spielt und sich von Jeoma Flores in die Spielweise des Flamenco ein- führen lassen möchte, kann dies am Samstag, 15. April, beim Flamenco-Workshop der VHS tun. Wer ihm lieber noch einmal nur zuhören will, der geht am 7. Mai ins Konzert der "duo voces" in der Dorfkirche Sechselberg. Und wer diese einmalige Mischung aus Meditation und Sinnlichkeit mit nach Hause nehmen und dort in langen, Nächten von der Erde abheben will, der kauft sich die CD "In a Mellow Mood".